Interview als Fraktionspräsident für den Legislaturbericht des Zürcher Kantonsrats
(13. Juli 2023)

Was ist aus Ihrer Sicht das Vermächtnis der Legislatur 2019–2023?
TF. Es war die erste grüne Legislatur in der Geschichte des Kantonsrates. Die Fraktionen der Klima-Allianz (Grüne, SP, GLP, EVP und AL) haben erstmals wichtige Grundlagen für den Klimaschutz im Kanton Zürich geschaffen. Auch im Umwelt- und im Naturschutz haben wir, wie selten zuvor, wegweisende Fortschritte erzielt. Diese Legislatur hat die Zukunft des Kantons Zürich zu einem guten Stück grüner, klimaschonender und ökologischer gemacht.

Die Legislatur wurde durch die Corona-Pandemie überschattet. Wie beurteilen Sie die politische Bewältigung dieser Krise?
TF. Regierung und Kantonsrat haben eine mutige Gratwanderung zwischen einer möglichst liberalen und einer möglichst wirksamen Corona-Politik unternommen, die glücklicherweise gelungen ist. Dass der Zürcher Kantonsrat als erstes Parlament der Schweiz im Lockdown 2020 wieder getagt hat, gehört auch in dieses Kapitel. So haben wir für eine breite Abstützung der politischen Entscheide auch während der Pandemie gesorgt. Zudem haben wir gezeigt, dass unsere Demokratie in der Krise reibungslos weiter funktioniert.

Welches war für Ihre Partei die wichtigste Entscheidung des Kantonsrates und weshalb?
Zentrale Vorlage für die Grünen war die Änderung des Kantonalen Energiegesetzes, mit der der Rat faktisch den Ausstieg aus den fossilen Energieträgern im Gebäudebereich bis 2040 beschlossen hat. Die Stimmbevölkerung stützte diesen Entscheid mit einem Ja-Stimmen-Anteil von 62.5%. Weitere wegweisende Beschlüsse waren der Klimaschutz-Artikel in der Kantonsverfassung und der Gegenvorschlag zur Kreislaufinitiative, den die Stimmbevölkerung schliesslich mit 89% angenommen hat. Damit haben wir die Grundlagen für einen wirksamen Klimaschutz und eine nachhaltige Verwendung von Rohstoffen geschaffen.

Was war Ihr persönliches Highlight in den letzten vier Jahren?
Das gute Zusammenspiel mit dem grünen Baudirektor, Regierungsrat Martin Neukom. Beispielhaft dafür kann das Wassergesetz stehen: Vor vier Jahren hatten wir das Referendum gegen eine stark bürgerlich geprägte Vorlage gewonnen. In der zweiten Auflage hatte Neukom sämtliche Fehler der alten Vorlage bereinigt, und es gelang – mit ein paar wenigen Verhandlungen mit den bürgerlichen Fraktionen –, die zweite, ökologische Version dieses grossen Gesetzes einstimmig durch den Rat zu bringen.

Was erwarten Sie von der nächsten Legislatur?
Aufgrund der wechselnden politischen Konstellationen und der knappen Mehrheiten wird es eine Legislatur, in der die verschiedenen Lager stärker aufeinander zugehen und einander besser zuhören müssen. Das kann in einer Demokratie wie der unsrigen eigentlich nur zu einer grösseren Produktivität und zu Fortschritt führen. Arbeiten alle gegeneinander, wird sich die Frage stellen: Wer hält die Blockade am längsten aus? Angesichts dieser beiden Alternativen stimmt es mich zuversichtlich, dass wir nicht etwa im US-Amerikanischen Kongress, sondern im Zürcher Kantonsrat politisieren.